Echthaar vs. Kunsthaar – Perückenvergleich Teil I

Es ist faszinierend welch einen Werdegang die Perücke als Zweithaar hinter sich hat. Seit dem frühen Barock hatte sie Zeit sich zu mausern und ihre Qualität und Funktionalität zu verbessern. So, dass die Perücke für Unwissende kaum oder gar nicht mehr sichtbar in Erscheinung tritt. Damals wie heute wird sie nicht nur aus ästhetischen Gründen, im Fall einer Erkrankung getragen, sondern auch unabhängig dessen, um für bestimmte Anlässe eine modische, perfekt sitzende Frisur zu haben.
Manch eine Frau sieht ihre Perücke als Accessoire, sie bräuchte sie nicht zwingend.

Qualität kostet!

Gegenwärtig stellen Perücken eine unglaublich tolle Alternative dar, wenn Betroffene nicht oder noch nicht mit Glatze an die Öffentlichkeit treten wollen.
Natürlich ist es vom Preis abhängig, welche Qualität man bekommt. Umso besser sie sitzen soll und umso näher sie der eigenen Natürlichkeit kommen soll, desto mehr bezahle ich für mein Zweithaar.
Meine Krankenkasse übernimmt zwar einmal im Jahr die Kosten bzw. einen Teil der Kosten für eine Echthaarperücke. Je nach Preislage muss ich jedoch auch investieren. Da ich bis jetzt nicht mit nur einer Perücke im Jahr auskomme, bin ich gezwungen innerhalb des Jahres nochmal einen zweiten Haarersatz komplett selber zu bezahlen.

Haltbarkeit von Perücken

von li. n. re. : 1. Perücke-Echthaar, 2. Perücke-Echthaar, 3. Perücke-Kunsthaar

Binnen der letzten anderthalb Jahre habe ich mir genau drei Perücken zugelegt. Zwei Echthaarperücken und meine Neueste ist aus Kunsthaar.
Dies erfolgte nicht, weil ich auf die Eine oder Andere keine Lust mehr hatte und eine neue Frisur daher sollte. Der Grund liegt in ihrer Beschaffenheit.
Keine der ersten beiden Perücken schaffte es ein Jahr ohne Blessuren auszukommen.
Ich trage mein Zweithaar nahezu jeden Tag und das für im Durschnitt 8 bis 10 Stunden pro Tag. Was einem Extremtest schon sehr nahekommt. Hinzu kommt, dass es mir nicht ausreicht, einfach nur die Perücke aufzusetzen und fertig bin ich. Wie bei meinen echten Haaren, frisiere ich auch meine Perücke. Ich flechte viel und gern, stecke die Haare zur Seite weg, knote gerne mal einen half bun oder einen messy bun.
Trotz aller Vorsicht, nach knapp einem halben Jahr fing ich bei beiden Echthaarperücken an, wachsende Abnutzungen wie kahle Stellen oder Beschädigungen an der Montur zu vertuschen und nach einer gewissen Zeit konnte ich die Haare nur noch zusammen tragen, weil sie irgendwann so porös oder verfilzt waren, dass sich beim offenen Haare tragen recht schnell nur noch Filzkneule bildeten. Das ist natürlich nervenaufreibend, denn dadurch verlieren meine Haare zunehmend an Abwechslungsreichtum.
Der jedoch daraus resultierende positive Nebeneffekt ist natürlich nicht zu verkennen. Ich habe wiederkehrend einen Grund mir eine neue Perücke zuzulegen, was, mit viel Fantasie, einem Friseurbesuch ähnelt. Ich kann mir Gedanken darüber machen wie mein neuer Haarersatz aussehen soll, welche Frisur und Farbe es dieses Mal sein soll und muss nicht Jahrelang mit ein und derselben Frisur durch die Straßen laufen.

Drei Perücken im Vergleich

Im Folgenden werde ich meine Perücken der zeitlichen Trageabfolge nach vorstellen, was unabhängig vom Perückenstudio daran gemacht wurde und werde die diversen Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle aufzeigen.

Die Loretta

Meine erste Perücke, die ich mir im Januar 2016 zulegte, heißt Loretta.
Die Farbnummer ist die H31.
Sie kostete ca. 1.500 €, wobei 998€ von der Krankenkasse übernommen wurden und ich 500 aus eigener Tasche zahlte.
Ich habe die Perücke bei Camaflex , Standort Berlin, erworben.
Da es mein Wunsch war sie so nah wie möglich an meinen Naturton anzugleichen, ich jedoch keine Echthaarperücke fand, die auch nur annährend in die Richtung ging, habe ich diese Perücke von Matti, meinem besten Freund und zum Glück einer der besten Hairstylisten Berlins, schneiden und färben lassen.
Die Perücke hatte leider vom Grundschnitt her einen Stufenschnitt, was mich persönlich sehr stört, da ich kein Fan von Stufen bin. Matti hat mir die Länge so gut es möglich war angeglichen und die Perücke, mit Hilfe ganz dezenter blonder Strähnchenfärbung, meiner eigentlichen Naturhaarfarbe angepasst.

Zum Monturaufbau der Perücke
Die Loretta ist eine full-lace-wig, das heißt die Montur besteht komplett aus feinem Tüll. Die Haare sind auf diesem Tüll handgeknüpft. Der Übergang zum Haaransatz ist kaum sichtbar. Für den sicheren Halt besitzt die Perücke Silikoneinsätze an den Kotletten und im Oberkopfbereich. Zur Anpassung der Kopfgröße, befinden sich an der Loretta Haken im Nackenbereich, mit denen die Perücke enger gemacht werden kann.

Vor- und Nachteile der Perücke
Die Perücke hatte zu Beginn eine sehr gute Passform bei meinem Kopfumfang von ca. 55/56 cm. Ich brauchte weder Klebepads noch Streifen verwenden, um ein etwaiges Rutschen zu verhindern. Auch ein Jucken oder Schwitzen hielt sich in Grenzen. Die Montur lässt eine gute Luftzirkulation zu.
Die Haare haben sich die ersten Wochen geschmeidig angefühlt, fingen aber danach an strohig und porös zu werden. Trotz intensiver Haarpflege. Es muss aber dazu gesagt werden, dass ich die Perücke nahezu täglich trug und das für mindestens 8 Stunden. Bedingt durch meinen Beruf, trage ich die Perücken auch viel, wenn ich in der Natur unterwegs bin. Die Sonne hatte also viele Angriffsmöglichkeiten.
Ich weiß nicht wie sich die Perücke verhalten hätte, wenn ich sie nur punktuell genutzt hätte. Nach knapp 5 Monaten fing die Montur im Stirnbereich an einzureißen und der eingenähte Draht in Höhe der Kotletten fing an sich zu lösen. Die Passform weitete sich durch das viele Tragen zunehmend. Durch die Haken konnte ich die Perücke enger knüpfen, dadurch entstanden jedoch im Nackenbereich leichte wellen, die natürlich sichtbar wurden, wenn ich die Haare zusammen nahm. Es besteht jedoch die Option sich die Perücke im Zweithaarstudio enger nähen zu lassen, um dem Problem Abhilfe zu verschaffen.
Ich tat mich auch mit der Fülle der Haare schwer, ich hatte früher nie so viele Haare wie mit der Perücke. Der Oberkopf der Perücke ist reichlich geknüpft. Das mag Anderen gefallen, mir war es zu viel, denn es entsprach nicht meiner Natürlichkeit. Die Kotletten haben einen Filzeinsatz was für das Tragen sehr angenehm ist, die Kotletten aber sehr dick werden lässt. Das Tragen einer Brille wird dadurch erschwert, auch vordere Haare hinter das Ohr zu klemmen ist so gut wie nicht möglich.

Mein Fazit zu der Perücke
Gute Luftzirkulation, kaum Juckreiz.
Ansonsten zu viel des Guten, für mein Empfinden. Zu viele Haare, zu extremer Stufenschnitt, zu dick an einigen Stellen vernäht, was der Natürlichkeit im Weg steht.
Zeitgemäße Haartrends verweisen schon seit ein paar Jahren vermehrt auf Natürlichkeit im Look, was mit einer kontrastreich gesträhnten und sehr stufigen Perücke schwer umsetzbar ist.
Generell ist die Perückenauswahl durch den Hersteller bis zu dieser Preisklasse sehr unflexibel gestaltet.
Die Farbauswahl ist sehr begrenzt, also muss bei bestimmten Farbtonwünschen nochmal durch Färbung eingegriffen werden.
Die Loretta erweist sich als optimal, wenn man eine Perücke nur zu bestimmten Anlässen tragen will und sich mit sehr fülligem Haar zeigen möchte.

 

Der 2. Teil meines Perückenvergleichs folgt in Kürze.
In der Zwischenzeit durchstöbert doch einfach meine anderen Artikel.

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